Sprache auswählen

Wanderboje am Mauerstreifen, Berlin 2009

Zwischen dem 13. August (Tag des Mauerbaus) und dem 9. November (Mauerfall) umrundete die Wanderboje Berlin. Die Wanderboje machte überall dort Station, wo wir private Geschichten mit der Berliner Mauer fanden.
Sie können auf die einzelnen Geschichten über die Orte des Geschehens oder die Liste der Geschichten zugreifen, zusätzlich können sie sich Bilder des Events ansehen

Vertrieben, weil man nicht für Ulbricht klatschen wollte

Wir sind zu zweit als Studenten im August 1961 per Autostopp durch Europa gereist. Wir wollten unbedingt auch mal nach Berlin, aber per Auto war das schon nicht mehr möglich. Dann überlegten wir von Hannover aus mit dem Zug zu fahren, jedoch sagte man uns, dass man keine Rückfahrkarte mehr ausstellen könnten, da die Situation nicht mehr einzuschätzen sei, inwiefern eine Rückkehr möglich ist. Somit war die einzige Möglichkeit nach Berlin zu kommen, zu fliegen. Wir kratzten unser ganzes Geld zusammen. Problemlos kamen auch wir auch über die Grenze am Checkpoint Charly. Auf unserem Spaziergang durch Ost-Berlin entdeckten wir ein Gebäude, wo eine große Parteiversammlung stattfand. Walter Ulbricht hielt eine Rede und wir wollten das unbedingt hören, wurden aber nicht hineingelassen und warteten. Vielleicht waren nicht genug Leute drinnen, auf jeden Fall wurden wir plötzlich doch hineingelassen und hörten wie Kinder imperialistische Lieder sangen. Als das Publikum die versammelte Politprominenz bejubelte, waren wir die Einzigen, die nicht klatschten. Uns wurde von hinten auf die Schulter geklopft, wir sollten doch mitklatschen. Wir erklärten das wir Ausländer sind(Österreicher) sind, und es entstand gleich ein Aufruhr, wie wir hier eingekommen seien und was wir hier zu suchen hätten. Die Stimmung wurde so feindlich, dass wir uns entschlossen zu gehen. Da wir Ostmark illegalerweise in einem Kurs von 3 zu 1 im Westen getauscht hatten, ließen wir den Abend dann damit ausklingen, sozialistische Hühnchen zu günstigen Preisen zu verputzen. Was für uns ein Abenteuertrip war, war für alle Deutschen schon bitterer Ernst gewesen.