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Wanderboje am Mauerstreifen, Berlin 2009

Zwischen dem 13. August (Tag des Mauerbaus) und dem 9. November (Mauerfall) umrundete die Wanderboje Berlin. Die Wanderboje machte überall dort Station, wo wir private Geschichten mit der Berliner Mauer fanden.
Sie können auf die einzelnen Geschichten über die Orte des Geschehens oder die Liste der Geschichten zugreifen, zusätzlich können sie sich Bilder des Events ansehen

John Runnings, ein Held der 80er Jahre

John Runnings wurde am 22. August 1917 in Manitoba, Kanada, geboren, siedelte aber später nach Seattle in die USA über. Seit 1986 kam der 64-jährige bis zum Fall des SED-Regimes nach Berlin (West), um gegen militärisch durchgesetzte Grenze zu demonstrieren. Während dieser Zeit residierte Runnings im Hotel Stuttgarter Hof in der Anhalter Straße und suchte seine Verbündeten im Umfeld der „Arbeitsgruppe 13. August“ und der Presse. Seine Slogans lauteten u.a.: WEST OST - ÜBER DIE MAUER und PINKELN AN DIE MAUER. Auch die inoffiziellen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (IMs) konnten den Tatendrang des Widerständlers nicht brechen. Am 18.11.1986 wurde Runnings erstmalig von den „Grenzorganen der DDR“ festgenommen. Zuvor war er gegen den Willen der DDR – widerrechtlich - in das der „Grenzmauer 75“ vorgelagerte Hoheitsgebiet der DDR eingedrungen und hatte mit einer selbstgezimmerten Leiter die „Grenzmauer 75“ bestiegen, um dann, auf dem Abweiserrohr sitzend oder stehend, mit einem Vorschlaghammer auf den „Antifaschistischen Schutzwall“ einzudreschen. Ort des Geschehens: Checkpoint Charlie, oder, wie in der DDR dieser Ort genannt wurde: GÜSt Friedrich-Zimmer-Straße. Das Resultat dieser Demonstration bestand in der Dokumentation durch ca. 30 westliche Pressevertreter und seiner Verhaftung. Schon zuvor, im Juni 1986, war Runnings der STASI bei einer Demonstration gegen die Mauer aufgefallen. Sein Altersziel sollte die Aufhebung von militärisch erzwungenen Grenzen sein, verbunden mit der Möglichkeit für alle Bürger dieser Welt, Grenzen ohne Personaldokumente überschreiten zu können. Mit anderen Worten: Runnings trat ein für eine „friedliche Welt ohne Grenzen“. Dieses Ziel hätte eigentlich auch im Sinne der SED sein müssen. Sie proklamierte selbstherrlich, mit den Maßnahmen vom 13. August den Weltfrieden für immer und ewig gerettet zu haben. Doch die Segnungen eines Weltfriedens sollten nur der Weltbevölkerung im sozialistischen und kommunistischen Machtbereich zugute kommen. Die Kriegstreiber, wie von der SED die westlichen Politiker bezeichnet wurden, sollten samt und sonders mit den kapitalistisch verseuchten Westbürgern untergehen. Dass der „Antifaschistische Schutzwall“ nur zur Sicherung ihrer Macht diente, wollten und konnten sie sich nicht eingestehen. Aber auch der Westen stand verständnislos vor den Gedanken und Taten des US-Aktivisten. Mit dem Rücken zur Wand konnten die Lobbyisten der Rüstungsindustrie selbst den Kalten Krieg in heiße Münzen umwandeln. Eine Aufhebung und Überführung des „Iron Curtains“ in eine pazifistische Welt war auch im Westen gegenstandslos. Runnings sollte für die „schwere Grenzprovokation“ der Prozess gemacht werden. Dem Staatssicherheitsdienst der DDR wäre es am Liebsten gewesen, Runnings als unzurechnungsfähig abzustempeln. Doch der vom MfS beauftragte Gutachter kam nicht umhin, dem Quäker in seinem psychiatrischen Gutachten die volle Schuldfähigkeit für seine „Provokationen“ zuzuschreiben. Der sowjetische Büttelstaat konnte sich keine negativen Aktionen gegen die vormaligen alliierten Verbündeten der Sowjetunion leisten. Zudem war Runnings ein Meister des passiven Widerstands und machte damit seinen Peinigern das Leben zur Hölle. Als politischer Idealist machte er keine Aussagen über seine Helfer und Förderer und verweigerte folgerichtig auch die Unterzeichnung des so genannten „Vernehmungsprotokolls“. Vor dem DDR-Gericht lehnte er die „Hilfe“ eines DDR-Rechtsanwaltes ab, so dass Prof. Dr. Vogel „zwangsverpflichtet“ hinter den Kulissen mit der US-Botschaft in Berlin (West) über eine sanfte Abschiebung verhandeln musste. Die Gerichtsverhandlung sollte „öffentlich“ sein und US-Diplomaten zugelassen werden. Das Ministerium für Staatssicherheit versprach sicherzustellen, dass die „Öffentlichkeit“ allerdings nur aus STASI-Agenten bestehen würde. Nach der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten schob die SED Runnings nach nur wenigen Tagen wieder nach Berlin (West) ab, so dass dieser sofort zu neuen Taten schreiten konnte. Weitere Aufrufe lauteten: „Für eine Welt ohne Militär“, „Berliner! Geht mit mir die Mauer lang“, „BERLINERS!! ERGREIFT DIE INITIATIVE! WARTET NICHT AUF DIE DIPLOMATEN!“.